Vor Kurzem habe ich ein weiteres tiefes Tal durchwandert. Voller Schmerz und Verzweiflung ob der Einsicht, dass es Gefühle gibt, die man nicht selbst erzeugen kann, fand ich mich hilflos ringend in der inneren Konfrontation, dass man einen Mangel an äußerer Anerkennung nicht selbst heilen kann. – Oder?

Aber eins nach dem anderen..
Natürlicher Wunsch nach Anerkennung als soziales Wesen
Da es mein Wunsch ist, meine Videos und Texte rein aus dem Herzen zu produzieren, achte ich recht genau darauf, welche Anteile in mir die Impulse zu eben diesen geben. Immer, wenn ich spüre, dass ich einen inneren Druck empfinde, etwas Neues veröffentlichen zu müssen, um beispielsweise regelmäßige Leistung zu bringen – ein gewisses Soll oder Erwartungen zu erfüllen –, oder wenn ich mich dabei erwische, zu oft zu schauen, ob und inwiefern meine Beiträge auf Anklang stoßen, nehme ich mich bewusst zurück und lasse alles liegen, bis mir von selbst ein Thema kommt, das ich gerne teilen möchte. Eines, das sich frei und gut anfühlt. Der eine Pol ist das Herz, der andere ist ein Mangel an Anerkennung, an Selbstwert sowie die Angst vor Ablehnung.
Auf der einen Seite ist es, denke ich, so, dass unser Ego generell sehr auf Bestätigung abfährt, auch wenn kein grundlegender Mangel an Anerkennung besteht. Heutzutage, gerade wenn man im Internet publiziert, reizen die Likes und Klicks permanent unseren Dopaminhaushalt, worauf man einfach ein waches Auge haben muss und schauen sollte, ob es einem auf Dauer gelingt, sich diesem gewissen Suchtpotenzial zu entziehen. Ebenso ist es mit großer Wahrscheinlichkeit so, dass wenn wir eine neue Herausforderung antreten, uns zeigen und an eine größere Öffentlichkeit gehen, auch jedes Mal ein gewisses «Lampenfieber» erfahren, wie und ob es denn dem Publikum gefällt. Das empfinde ich als normales Wachstum, und wem es absolut egal ist, was beispielsweise der Leser von seinem neuen Buch hält oder ob Gäste zu seinem Konzert kommen, der würde höchstwahrscheinlich gar kein Buch schreiben oder keine Musik machen. Sowie es unwahrscheinlich ist, dass es einem piep egal ist, ob den Gästen das Essen schmeckt. Dennoch, oder eben deswegen, muss der Wunsch nach Anerkennung in einem angenehmen, ausbalancierten Rahmen bleiben.
Wenn nun aber ein grundlegender Mangel an Anerkennung besteht und sich ein gewisses Suchen und ein leiser Schmerz immer wieder zeigen, stellt sich die Frage, wie man diesen beheben kann. Bei näherem Hinsehen fällt wie erwähnt auf, dass die Themen Anerkennung und Wertschätzung sehr eng mit dem Selbstwert gekoppelt sind und den können wir uns jeder nur selbst geben, je mehr wir lernen uns zu lieben und zu heilen. Ist es aber nicht auch so, dass wir als soziale Wesen auf ein gewisses Maß äußerer Wertschätzung angewiesen sind? Kann hier ein Mangel äußerer Wertschätzung vorliegen, dem wir nicht von innen heraus begegnen können? Und wenn dem so wäre, wie viele Bücher sollte denn jemand verkaufen, wie viele Dinners oder Konzerte veranstalten, damit dieses Loch gefüllt würde? Hier stehen wir vor einem Dilemma.
Die Wunde
In der besagten Situation habe ich mich in diesem Schmerz, dessen Auslöser ich später erkläre, mal ein wenig umgesehen und der Einfachheit halber schreibe ich es in verallgemeinerter Form und bin gespannt, ob es bei euch auf Resonanz trifft.
Jedenfalls empfand ich zunächst die Angst davor ungenügend zu sein und später auch das quälende Gefühl tatsächlich ungeliebt und wertlos zu sein. Auf der Suche nach Auflösung kam ich darauf, dass es sich bei diesem Mangel ja logischerweise um eine Wunde handeln muss, da unser eigentlicher Zustand – der der Fülle – keine Mängel aufweist. Diese Wunde ist zu irgendeiner Zeit durch einen bestimmten Menschen oder eine bestimmte Situation entstanden, wahrscheinlich in der sehr frühen Kindheit, sofern wir sie nicht bereits aus einem vergangenen Leben mitgebracht haben. Seither suchen wir nach diesem jemand in verschiedenen Gewändern, womit ich sagen will, dass es manchmal nicht so ist, dass wir noch immer nach der Bestätigung von Papa, Mama, Opa – oder welche Person uns sonst das Gefühl gab, nicht richtig zu sein – suchen, sondern diese Rolle im Laufe unseres Lebens immer wieder neu auf andere projizieren. Es kann helfen, wenn wir herausfinden, wer diese Rolle derzeit in unserem Leben einnimmt.
Denn es gibt sie tatsächlich, diese eine Person, obwohl die Wunde sich hie und da diffus in unserem Leben äußert. Sei es noch in Gestalt des Opas oder Onkels, oder in einer anderen: Es ist nicht die Masse, die uns die Anerkennung gibt, nach der unsere Wunde sucht, es ist eine bestimmte Person, der wir immer wieder gefallen wollen, die den Schlüssel zu unserer Fülle besitzt. Aber besitzt sie ihn wirklich? Wie sieht dieser Schlüssel eigentlich aus? Was ist, wenn diese Person nicht erreichbar ist, dich – wie erwartet – vielleicht sogar ablehnt, oder dir eines Tages wirklich die Wertschätzung gibt, die du suchst?
Vielleicht ist das sogar schon ein mal passiert. Vielleicht ist die Person, die den Schlüssel hat, wertschätzend mit dir umgegangen, vielleicht tut sie es sogar regelmäßig, aber die Wunde ist trotzdem noch da. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass sie den Schlüssel nur zu einem Teil hat und zwar zu dem, dass wir hier an diesen Punkt gelangt sind, zu erkennen, um wen es geht und dass wir annehmen, diese Person besäße diesen Schlüssel.
Der Schlüssel aber ist in Wahrheit die Wunde; der Schmerz, den wir noch immer in uns tragen und für den wir im Außen nach Heilung suchen.
Wundversorgung
Die von mir idealisierte Person, der das Kind in mir unbedingt und immer wieder gefallen wollte, ist vor wenigen Monaten verstorben und ich kann nur noch im Innern mit ihr in Kontakt gehen. Hier sind der Imagination keine Grenzen gesetzt und einer der Auslöser der besagten Situation war der Gedanke, dass sie mich vielleicht ablehnt, während ich jeden Tag mit ihr spreche. Sie gar nicht da ist beziehungsweise mir nicht zuhört oder ich sie nerve. Kaum gedacht, wurde mir speiübel. Was, wenn dem so ist? Und es brach ein unsagbarer Schmerz auf; eine Mischung aus Scham, beinah Ekel vor mir selbst, Ungeliebt- und Verlassensein. Während dieses Krampfes ging ich all die Wege ab, die ich hier beschreibe und habe mir auch vorgestellt, dass sie mich liebt und alles gut wäre, aber am Ende blieb der Zweifel: Was, wenn dem nicht so ist? Und die endgültige Antwort war: Dann tut das schrecklich weh! Das war letztendlich «alles».

Da ich nun keine Antwort darauf, ob dem so ist, bekommen kann, blieb also nur die Akzeptanz und das Fühlen dieses mächtigen Schmerzes. Verbrennend in dessen Feuer sah ich mich bald neugierig darin um und fragte ich mich, wie es nun weitergehen würde und ob ich mich selbst im Herzen denn wertschätzen könne. Ob ich das, was ich tue und wie ich bin, wertschätzen kann. Und es wurde mir zunächst ein vorsichtiges Ja gezeigt, woraufhin mir einige meiner Schwächen und Fehler gezeigt wurden, infolgedessen ich versuchte die Perspektive etwas zu ändern und nach einem liebenderen Blickwinkel zu suchen. Und ich erkannte, dass ich mir doch Mühe gab. So suchte ich aktiv nach Dingen, für die ich mir selbst Anerkennung geben kann und sah, dass es nicht um das geht, was noch nicht gut klappt, sondern darum, dass ich versuche es wirklich bestmöglich zu tun; bestmöglich zu heilen und zu helfen, und dass das etwas ist, was ich wertschätzen kann – oder es zumindest lernen kann und auch möchte.
Um jemanden anerkennen zu können, müssen wir ihn zunächst erkennen,
und wenn uns Anerkennung fehlt, geht es zunächst darum herauszufinden, was oder wer in uns sich nicht erkannt fühlt. Welchen Anteil, welche Gabe oder Eigenschaft, welches Gefühl sehen wir nicht, wo trauen wir uns nicht hinzufühlen und es zu lieben, weil es von dem Schmerz bedeckt wird und worin fühlen wir uns von anderen nicht gesehen? Wie genau kennen wir uns eigentlich selbst? Welcher Anteil würde sich entspannen, bekäme er die gesuchte Aufmerksamkeit und Wertschätzung und vor allem: Wie würde sich das anfühlen? Kann ich das herholen? Damit ist gemeint: Kann ich mir vorstellen, wie diese eine Person vor mir steht, mich anstrahlt, die Arme öffnet, mich darin einschließt und sagt: «Ich sehe dich und ich liebe dich! Ich bin so unendlich stolz auf dich!» ?
Beides erlebte ich in dieser Situation. Ich konnte mir vorstellen, wie es wäre, würde die Person dies tun und in den Momenten, in denen die Ängste und Zweifel kamen, nahm ich mich stattdessen selbst in die Arme, fühlte den Schmerz und gab ihm dadurch die Anerkennung, die ihm fehlte.
Die leidvollen Gefühle wurden unterdessen immer weniger, bis ich mich irgendwann sammeln konnte. Und während meines Michsammelns wurde mir wieder bewusst, dass ich im Herzen gar nicht daran glaube, dass die Person mich abwertet, auslacht oder desinteressiert ist, sondern dass wir, nachdem wir sterben, in unsere reine Form, die der Liebe zurückkehren und unsere Hinterbliebenen bestmöglich unterstützen.. Und so tat sie es offensichtlich auch dieses Mal und zeigte mir, wo ich suchen muss, um die nächste Wunde zu heilen.
Unsere eigene Macht anerkennen
In unseren Prozessen ist es wohl immer wieder wichtig einen zweiten und dritten Blick auf das zu werfen, was wir uns gerade vorwerfen und was uns im Inneren begegnet. Nicht, um uns uns selbst unnötig schön zu reden oder Schmerzen und Veränderungen auszuweichen, sondern um zu lernen, dass es immer weitere Perspektiven gibt, als die, die uns vertraut sind. Denn wir sind die Erschaffer und die Schöpfer, wir sind die, die unser Drehbuch schreiben, was unsagbar deutlich daran wird, wenn wir uns zwischen Realitäten bewegen, wie ich es hier wieder erlebt habe: Ein Gedanke ändert, ob ich in traumatische Gefühle gerate (und heilen kann) oder mich in Sicherheit wiege, dass die Person mich liebt. Zudem ist es möglich, sich jedes Gefühl selbst herzuholen, indem wir die Suche bis zum Ende gehen und so tun, als wären wir da. Denn dann sind wir da, dann finden wir, was uns vermeintlich fehlt, woran es uns mangelt. Also ist die Erkenntnis hieraus wieder einmal, dass nicht die anderen die Macht haben. Und selbst wenn wir manchmal glauben, dass sie sie haben, haben sie sie nur, weil wir so mächtig sind, sie ihnen zu geben…
Während der Heilung holen wir all das wieder nach Hause, geben durch das Fühlen der Wunden die Teile von uns frei, die zu fehlen schienen und die Illusion von Mangel ausgelöst haben. Und am Ende wird alles, was wir in uns erkennen und anerkennen, also mit unserem Licht bescheinen und heilen, auch für andere leichter sichtbar werden, so dass sie uns unseren selbst erkannten Wert von Außen widerspiegeln. Wesentlicher aber ist vielleicht noch, dass wir diese Anerkennung dann auch annehmen können.
Noch ein, zwei Gedanken: Mir fällt auf, wie schwer es ist, sich selbst anzuerkennen und das vor allem auch vor anderen – zu sagen oder zu schreiben: «Ich finde, ich mache das gut!», fühlt sich an wie Überheblichkeit. Es erzeugt ein unwohles Gefühl im Körper. Möglicherweise ist das ein Resultat unserer Erziehung und unserer Schulzeit, in der wir nahezu ausschließlich lernen, dass jemand anderes statt mir selbst, dazu befähigt ist, mich und meine Leistung zu bewerten und zu würdigen. Zudem sind wir unter anderem mit Glaubenssätzen aufgewachsen wie «Eigenlob stinkt». Ich denke, dass es zum Heilungsweg dazu gehört, diese Glaubenssätze ernstlich zu hinterfragen, denn zu lernen, zu sich und seinem Können zu stehen, ist eigentlich noch weit davon entfernt arrogant und überheblich zu sein. Was meint ihr?
Ich wünsche euch alles Gute und viel Liebe und Geduld weiterhin auf eurem Weg heimwärts. Vielleicht kennt ihr jemanden, dem dieser Beitrag helfen oder gefallen könnte, dann teilt ihn doch gerne mit demjenigen. Und wenn ihr mögt, könnt ihr mich via Paypal unterstützen. Vielen Dank :-) Alles Liebe, Anna
Danke liebe Anna, tief gefühlt und gut beschrieben. Finde mich sehr wieder...
Alles Liebe
Susanne
Danke für die Wahrhaftigkeit!
... und so kämpfen wir mit uns selbst, so ringen wir, bis es ein Tanz wird, ein Spiel und endlich: eine Liebesgeschichte.