Was ist denn nun eigentlich wahr? Gibt es diesen «spirituellen Aufstieg» und kann man ihn beweisen, muss man ihn beweisen? Viele Menschen berichten von ihm, einige channeln Entitäten oder feinstoffliche Wesen, die uns Menschen bei unserem Erwachen begleiten und zu unterstützen vorgeben. Nicht alles passt hundertprozentig zusammen, und dennoch zeigen sich Übereinstimmungen, die eine Basis bilden: Dass wir Menschen einen Bewusstseinswandel erleben, anfangen, neu zu denken und lernen die Welt, das Leben, den Kosmos und uns selbst aus neuen Perspektiven zu betrachten. Und zwar aus liebevollen, verbindenden Perspektiven, aus der Sicht und dem Bewusstsein des Einheitsgedanken heraus.
Nun kann man natürlich einwenden, dass dieser Gedanke uns überhaupt nichts nützt, sollte er nicht der Wahrheit entsprechen und einige sagen von vornherein, dies sei alles esoterischer Schwachsinn. Was aber ist Realität und was ist Mythos?
Forscher und Denker
Im Ursprung sind wir alle Forscher und suchen die Verbindung mit der Welt um uns vom Wesen her. Als kleine Kinder sind wir neugierig auf das, was uns umgibt und sind unser eigener Maßstab, doch wir verlernen es mit dem Größerwerden, oder vielleicht «wird» es uns auch «verlernt» durch Schule und Erziehung. Darüber hinaus haben wir uns als Menschheit von diesem inneren Drang und der Fähigkeit selbst zu forschen und zu entscheiden zunehmend verabschiedet, spätestens als wir Wissenschaftler aussandten, uns die Welt und ihre Geheimnisse zu entschlüsseln und zu erklären.
Damit haben wir nicht nur unsere Mythen und unseren Glauben an Übernatürliches zu großen Teilen begraben, sondern auch uns selbst unsere Kreativität, unsere Fähigkeit und Freude am Entdecken und Erzählen, am Mitgestalten, weitgehend genommen. Derzeit herrscht eine Art «Krieg» um «die Wahrheit», wir glauben nichts mehr, was nicht geprüft und bewiesen worden ist und vor allem suchen wir nach Antworten im Außen. Wir hoffen, «die Wissenschaft» könne uns erklären, wer und was wir sind, woraus wir bestehen und woher wir kommen, was «wahr» und was «falsch» ist, wie wir uns verhalten sollen und auch, ob wir gesund oder krank sind.
Ein Zustand, der vielleicht mitunter darauf beruht, dass wir meinen, wir könnten es nicht selbst herausfinden, wir könnten unserer Wahrnehmung, unserem Gefühl, uns selbst nicht trauen, wir hätten erst Sicherheit, wenn eine größere, äußere «Macht» – in diesem Fall kein Gott oder das Universum – sondern «die Wissenschaft», es uns sagen kann. Dabei stellte bereits Martin Heidegger fest: «Die Wissenschaft denkt nicht»1. Die Physik könne sich selbst nicht mit physikalischen Methoden beweisen. Was die Physik hingegen sei, könnten wir nur denken, nur philosophieren, sie sei selbst angewiesen auf das Denken, auf die Philosophie, doch sie vergesse dies.
Ebenso wie Heidegger, bin ich nicht gegen «die Technik» oder gegen «die Wissenschaft». Wir räumen ihr gegenüber aber heutzutage eine übergeordnete Machtstellung ein, die uns, wie er sagt, «herausfordert» und «der gegenüber er [der Mensch] nicht mehr frei ist». Wir vergessen, dass wir sie erstens selbst erdachten, also erschaffen und ihr zweitens diese immense Macht verliehen haben, dass wir die Schöpfer sind und uns ihr gegenüber unterworfen haben.
Zudem hat sich die Wissenschaft ihrem Grundstein, der Offenheit aller Möglichkeiten und dem Willen zu Forschen, weitestgehend entkoppelt. Zum einen aufgrund der Menschen und ihren Glaubenssystemen, die diese Arbeit durchführen und zum anderen durch die unterschiedlich gewichteten Eigeninteressen ihrer Financiers und ebenso deren Überzeugungen.
Dadurch, dass wir uns mess- und quantifizierbaren Forschungsergebnissen unterordneten, die uns sagen, was wahr und was falsch ist, erschufen wir einen, wie Charles Eisenstein ihn nennt, «Mythos der Objektivität». Er schreibt in «Die Ordnung hinter den Dingen»: «Bitte denken Sie nicht, dass ich, weil ich die objektive Realität als ‹Mythos› bezeichnet habe, etwas so Plumpes sage wie ‹die objektive Realität gibt es nicht›. Je tiefer man in einen Mythos eindringt, desto realer wird er. So verhält es sich auch mit dem Aufenthalt der modernen Zivilisation im Mythos der Objektivität.»
Schwerer, als Zahlen und Fakten, mögen nämlich unser Glaube und unsere Gedanken wiegen. Einer mag daran glauben, dass nur existiert, was unter dem Mikroskop sichtbar ist, dann lebt er in jener Realität, ein anderer sagt, dass das, was wir wissenschaftlich erkennen können, nur ein kleiner Bruchteil dessen ist, was wirklich ist und es selbstverständlich bereits existierte, bevor es Mikroskope überhaupt gab. Unsere gesellschaftlichen Absprachen, unsere Beziehungen, unsere Werte, unser Bildungssystem, unsere Politik, all das sind ebenfalls Ideen, die wir erschaffen haben und viele merken mit zunehmender Dringlichkeit, dass wir etwas ändern müssen.
Wenn wir nun zu der Frage kommen, wie wir etwas ändern sollen, wenn wir nicht wissen, was denn wahr ist, und wie das alles aussehen soll, möchte ich mit großer Übereinstimmung Charles Eisenstein noch ein mal zu Wort kommen lassen. Denn wir sind diejenigen, die diese Geschichten erzählen, in und mit ihnen leben und allein dadurch werden sie Teil unserer Realität. Nicht andersherum.
«Unsere Welt wird nicht heilen, indem wir alle alten Institutionen beiseite fegen. Sie wird nicht durch Massenverhaftungen und Säuberungen von bösen Menschen heilen, die den „Sumpf“ bevölkern. Sie wird auch nicht durch eine entsprechende Säuberung unserer eigenen Psyche erfolgen. Zu einer Heilung wird es vielmehr dann kommen, wenn genügend Menschen, vor allem diejenigen, die wir abgeschrieben oder in unseren Köpfen auf ein niedrigeres spirituelles Niveau herabgestuft haben, in neue Rollen innerhalb einer neuen Geschichte schlüpfen. Damit das geschehen kann, dürfen wir sie nicht in den bestehenden Geschichten darüber, was ist und was sein könnte, gefangen halten. Auch wir selbst dürfen da nicht stecken bleiben, ebenso wenig die Welt. Lasst uns stattdessen die Macht des Erzählens bewusst auf eine andere Art und Weise als bisher einsetzen, als Angebot und nicht als Versuch zu bezwingen.
Geschichtenerzähler
Nun ist es auch nicht so, dass wir neue Geschichten ausschließlich frei erfinden müssen, es gibt einen Weg, eine Instanz, an der wir uns orientieren können und zwar uns selbst, unser Gefühl. Wir erzählen und erschaffen nicht nur unsere äußere Realität, sondern auch unsere innere, unsere Persönlichkeit, unseren Charakter, unsere Identität, aus der heraus wir dann im Wechselspiel die Bilder und Konstrukte um uns herum errichten.
Im inneren Prozess, dem Folgen des persönlichen Heilungsweges, geht es darum, herauszufinden, wer man wirklich ist. Wer ist man unter all den Schichten von Erfahrungen, Verletzungen und Erzählungen, aus denen man sein Leben lang –hauptsächlich unbewusst– seine Persönlichkeit und sein Weltbild aufgebaut hat? Man geht sozusagen den Weg rückwärts, um sich all der fremden Ansichten zu entledigen, all dem, was nicht «Ich» ist, in der Absicht, irgendwann an dem Punkt anzugelangen, seinem wahren Wesen zu begegnen. Es geht darum, sich von dem, was man dachte, wer man sei und dem, was man glaubte zu wissen, zu lösen, um mit der reinen Erfahrung dessen was ist, der Essenz des Seins, dem Ursprung, in Kontakt zu kommen. Menschen, die diesen Weg bis zum Ende hin verfolgten, fanden sich in einer allumfassenden, reinen Liebe wieder.
In dieser Liebe, diesem vollkommenem Zustand, herrscht keine Trennung mehr, es steht nicht mehr zur Debatte, ob ein Mensch oder ein Wesen mehr wert oder weniger, besser oder schlechter sei, als ein anderer Mensch oder ein anderes Wesen. Das Bewusstsein öffnet sich voller Empathie und Hingabe allem, was ist, erkennt sich selbst im anderen und der Welt und in dem Moment weiß man. Man weiß, da man erfährt. Dieses Wissen entzieht sich jeglicher Konzepte, jeglicher objektiver Messbarkeit, jeglicher Mythen und Erzählungen, es ist keine bloße Idee, keine hübsche Überzeugung, es ist ein Zustand und eine Erfahrung völliger Einheit, die Körper, Geist und Seele umfasst. Es ist ein Wissen, dem dennoch gewahr ist, dass man «nichts weiß», bis auf das, was selbst erfahrbar ist.
Der Weg muss aber nicht erst bis zur Erleuchtung gegangen werden, um das Gewahrsein der Einheit zu erfahren. Diese Ahnung von Verbundenheit, die Sehnsucht nach Ganzheit und Frieden, spüren derzeit immer größere Anteile unserer Gesellschaft. Die alten Geschichten, sowohl die inneren als auch die äußeren, die wir uns über unsere geschaffenen Systeme erzählen, scheinen nicht mehr zu passen. Das, was bisher als Ist-Zustand anerkannt wurde, sei es Geld oder sein es die Staaten, die Wirtschaft, die Politik, uns selbst, all die Abkommen, die wir im laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte getroffen haben, werden hinterfragt und als das erkannt, was sie sind: Erzählungen.
Um den inneren Weg zu gehen, braucht es also keinerlei Konzepte, keine Regelwerke oder «Führer», die uns erklären, was wahr oder falsch ist. Dem, der den Weg geht, entfaltet und beweist er sich selbst.
Und trotzdem er hin zur Einheit und weg von der Trennung führt, kann dieser Prozess Angst und Schmerz auslösen. Es geht den aktuell vorherrschenden Narrativen an den Kragen. Diese aber wiederum sind, obwohl es Erzählungen sind, lebendig geworden und wir empfinden sie als Teil unseres selbst, als unsere Realität. Es ist unser Ego, das befürchtet unterzugehen, das Ego braucht Stabilität, es bewegt sich freiwillig ausschließlich gerne in der Komfortzone, in der es sich aber selbst zu einer Starre, zu Stillstand verhaftet, es kann nicht sehen, dass es sich lediglich mit Ideen und Konzepten identifiziert. Es lebt in (s)einer selbst geschaffenen Wirklichkeit, sowohl persönlich, als auch gesellschaftlich. Genau da geht es durch, um in die Freiheit zu gelangen und das Durchschreiten dieser Ängste und Mauern lässt uns wachsen und möglicherweise erstmals das Gefühl von Stärke, Freiheit, Verbindung und Selbstwirksamkeit spüren sowie die Stärke der Wirkkfraft der eigens erschaffenen Realität.
Um also unsere volle Schöpferkraft in Anspruch nehmen zu können, müssen wir uns aus der Gefangenschaft der Narrative befreien, die wir mit der Wirklichkeit verwechselt haben. Dann können wir neue Geschichten entdecken, in denen die Menschen, die wir werden wollen, zu Hause sein können.
– Charles Eisenstein
Es ist unsere Wahl. Wir können Geschichten erzählen über die Schwächen und Unzulänglichkeiten der Menschen, darüber, dass wir uns selbst überwinden müssen mit Mikrochips in Köpfen unserer Kinder oder wir können Geschichten von Frieden erzählen, vom Miteinander, von Gemeinsamkeit und Liebe. Über all die unentdeckten Fähigkeiten und Talente in uns, die nur darauf warten geborgen zu werden. Wir können von Angst erzählen, von Hoffnungslosigkeit oder von Überwindung der alten Grenzen. Jedes Mal, wenn wir uns selbst oder andere in Gedanken limitieren, denken, dass er oder sie oder ich dies und jenes nicht kann oder wenn wir denken, dass es etwas nicht gibt oder etwas nicht geht, können wir es als das identifizieren, was es ist: ein Gedanke – und können mutig darüber hinaus wachsen, indem wir zumindest fragen: Was, wenn doch?
Rückschlüsse, die wir aus den eigenen Erfahrungen unserer inneren Prozesse ziehen, können Grundbausteine für die zukünftigen Narrative werden. In «Was ist die nächste Geschichte?» stellt Charles Eisenstein Versionen der alten und der möglichen neuen Erzählungen einander gegenüber:
«Alte Geschichte: Ich bin ein einzelnes, getrenntes Selbst: eine Blase aus Psychologie, eine in Fleisch gehüllte Seele, oder eine biochemische Maschine.
Neue Geschichte: Ich bin ein holographischer Spiegel von allem was ist; ein Knotenpunkt in einem unendlichen Beziehungsnetz.
***
Alte Geschichte: Um sich ethisch, moralisch und pro-sozial zu verhalten, muss man den natürlichen Hang zum Egoismus überwinden. Dazu müssen wir die Natur in uns bezwingen, das heißt, gegen unser Selbst in den Krieg ziehen.
Neue Geschichte: Ethisches, moralisches und pro-soziales Verhalten ist ein zentraler Bestandteil der menschlichen Natur, der unter den richtigen Bedingungen zum Ausdruck kommt, und der genährt und entwickelt werden kann.
***
Alte Geschichte: Die Ereignisse und Menschen, die in unser Leben kommen, sind im Grunde zufällig.
Neue Geschichte: Jede Person, der wir begegnen und alles, was wir erleben, spiegelt etwas in uns wider oder enthüllt etwas über uns. Synchronizität enthüllt eine der Welt innewohnende Ordnung.
***
Alte Geschichte: Bewusstsein ist ein Nebenprodukt von elektrochemischen Prozessen im Gehirn und endet beim Tod.
Neue Geschichte: Das Gehirn ist ein Empfänger oder ein Sitz von Bewusstsein; und Bewusstsein überdauert Körper und Gehirn.»
Die aufgeführten Gegenüberstellungen sind nur eine kleine Auswahl seiner Beispiele. Nachlesen könnt ihr den gesamten Beitrag hier.
Alles ausgedacht
Die Geschichte des spirituellen Erwachens ist schon lange keine Geschichte mehr, sie muss nicht geprüft oder bewiesen werden. Selbst wenn man Anhänge, wie die Unterstützung aus der geistigen Welt oder Reinkarnation oder andere, dem einen oder anderen möglicherweise zu «abgefahrene» Aspekte, (noch) nicht glauben kann oder will, so ist insgesamt eine neue Erzählung im Begriff eine alte abzulösen, weil sie erzählt wird und weil viele mit ihr in Resonanz gehen.
Selbst wenn die Erzählung des Aufstiegsprozesses ursprünglich «objektiv falsch» gewesen wäre, selbst wenn sich eines Tages irgendjemand diese ganze Story einfach ausgedacht hätte, ist sie bereits lebendig geworden. Millionen Menschen ändern sich und ihr Denken, schließen Frieden mit sich und anderen, öffnen ihr Herz, helfen einander zu heilen, denken den Gedanken der Einheit, lösen ihre Wut-, Schuld-, Scham- und Angstthemen auf, wodurch sie aus dem inneren heraus immun werden gegen Manipulation, Lüge, Machtkämpfe und Spaltung, gehen in die Verbindung und wachsen über sich und ihre limitierenden Gedanken hinaus. Von hier aus können wir eine neue Zukunft gestalten.
Falls sich also jemand all das eines Tages einfach nur ausgedacht haben sollte:
Danke! ;-)
Die Welt unser Traum
Nachts im Traum die Städt‘ und Leute,
Ungeheuer, Luftgebäude,
Alle, weißt du, alle steigen
Aus der Seele dunklem Raum,
Sind dein Bild und Werk, dein eigen,
Sind dein Traum.
Geh am Tag durch Stadt und Gassen,
Schau in Wolken, in Gesichter,
Und du wirst verwundert fassen:
Sie sind dein, du bist ihr Dichter!
Alles, was vor deinen Sinnen
Hundertfältig lebt und gaukelt,
Ist ja dein, ist in dir innen,
Traum, den deine Seele schaukelt.
Durch dich selber ewig schreitend,
Bald beschränkend dich, bald weitend,
Bist du Redner und Hörer,
Bist du Schöpfer und Zerstörer.
Zauberkräfte, längst vergeßne,
Spinnen heiligen Betrug,
Und die Welt, die unermeßne,
Lebt von deinem Atemzug.
–Hermann Hesse
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Herzlichen Dank auch an für die Übersetzung der Texte.
Auf YouTube: Mitgefühl und Vergebung – Eine Sache der Perspektive? Teil 1 (oder als Text hier) Lasst es uns doch einfach tun! Lasst uns doch einfach alle mal ein bisschen netter sein 🕊 Der spirituelle Weg entfaltet sich demjenigen, der ihn geht «Keiner mag mich» – ENDLICH! Angst vor Ablehnung & Freiheit
Die Frage zu stellen - was ist wirklich?- ist der Weckruf der Seele sich geistig mit der Seele zu verbinden und sich dem Unsinn zu entbehren, welcher uns täglich begegnet.